Ständig erreichbar über Whatsapp – Fluch oder Segen?


Ein Kommentar von Laura Nobel

Damals in der Grundschule hat man sich auf dem Schulhof für den Nachmittag verabredet. Da waren Verabredungen noch verbindlich. Wenn man gesagt hat „Ich komme um 15 Uhr zu dir“, dann hat man das auch gemacht. Im Zeitalter von Whatsapp, in dem ständige Erreichbarkeit üblich geworden ist, sieht das Ganze etwas anders aus. Eine Uhrzeit und einen Ort für ein Treffen auszumachen ist meistens schon viel zu umständlich. „Wir schreiben dann später nochmal wegen heute Abend“, heißt es dann oft. Und wenn man sich nach langem Hin- und Hergeschreibe endlich auf einen Ort und eine Uhrzeit geeinigt hat, heißt es noch lange nicht, dass auch jeder pünktlich kommt.

Da eine Verspätung ja unkompliziert angekündigt werden kann, macht man sich oft gar kein Druck um pünktlich zu sein. „Sorry, ich komme ein paar Minuten später“ per Whatsapp reicht schon aus und der andere ist informiert.

Daher ist es auch schon völlig normal geworden nochmal auf sein Smartphone zu schauen, bevor man geht, um sicherzugehen, dass sich nichts an den Abmachungen geändert hat.

Ein anderer Nebeneffekt der ständigen Erreichbarkeit ist, dass man sich schnell ablenken lässt. Man will eigentlich grade konzentriert lernen, aber dann hört man es auch schon wieder – das Vibrieren des Smartphones. Ein kurzer Blick auf den kleinen Bildschirm reicht schon aus und die Konzentration ist dahin. Wenn man dann noch auf die 28 neuen belanglosen Nachrichten im Gruppenchat mit einer ebenso belanglosen Nachricht antwortet, kann man es mit dem Lernen eigentlich gleich sein lassen. Ringt man sich jedoch durch und schaut wieder ins Buch, lenkt einen das nächste Vibrieren eh wieder ab. Man möchte ja natürlich wissen, was die anderen Gruppenmitglieder Belangloses auf die eigene belanglose Nachricht von eben geantwortet haben.

Doch was ist jetzt eigentlich das Gute an diesem Whatsapp? Dass der Kontakt zu anderen unglaublich leicht gemacht wird, ist zum Beispiel toll. Plötzlich schreibt man ständig mit der Tante, mit der man normalerweise nur alle paar Monate mal redet. Fotos von der Familienfeier, bei der man nicht dabei sein kann, werden in Sekundenschnelle übertragen. Und mit der Cousine, die grade in Neuseeland ist, kann man problemlos alle Neuigkeiten austauschen. Das wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Da musste man noch ein Telefonat vereinbaren oder einen E-Mail schreiben, die der andere erst Tage später liest. Heute kann man ganz entspannt vom Bett aus noch kurz ein „Gute Nacht“ um die halbe Welt schicken und ein paar Sekunden später kommt ein „Gute Nacht“ von dort zurück.

Mit Whatsapp ist alles einfacher – oder vielleicht doch nicht? Ist es nicht doch besser zu sagen „Ich komme um 15 Uhr zu dir“ und das dann auch zu tun? Da würde man sich jedenfalls eine Menge Zeit sparen. Andererseits ist es natürlich auch praktisch dank Whatsapp seinen Tag spontan gestalten zu können. Und dass man ohne Whatsapp viel konzentrierter arbeiten könnte, wäre wohl auch etwas naiv gedacht. Ablenken können einen auch andere Dinge – ob das nun das Smartphone, Facebook, der Fernseher oder Leute sind, die am Fenster vorbeilaufen. Trotzdem: Die ständige Erreichbarkeit kann einen manchmal ganz schön stressen. Aber verzichten möchte man darauf ja auch nicht. Da hilft nur eins – ab und zu mal „abschalten“.

Laura Nobel

Bildquellen:
© lecturas.org