Von der Bühne ins Tonstudio – Rainer Strecker berichtet aus dem Alltag als Hörbuchsprecher


Der Name Rainer Strecker ist vielleicht nicht jedem ein Begriff. Ein unbeschriebenes Blatt ist er aber dennoch nicht: Strecker ist die Hörbuch-Stimme der Tintentriologie von Cornelia Funke. Neben vielen anderen Hörbüchern hat er beispielsweise auch “Skulduggery Pleasant” von Derek Landy eingelesen. medienbewusst.de hat dem Hörbuchsprecher einige Fragen gestellt, um zu erfahren, wie eine Geschichte von einem Buch auf die CD kommt.

Herr Strecker, wie sind Sie Hörbuchsprecher geworden?

Ursprünglich bin ich bin Schauspieler. Nach einer Theatervorstellung wurde ich einmal gefragt, ob ich Lust hätte, ein Hörbuch aufzunehmen. Es handelte sich dabei um den “Herr der Diebe” von Cornelia Funke.

Sie sind neben Ihrer Tätigkeit als Hörbuchsprecher nach wie vor als Schauspieler aktiv. Gibt es im Gegensatz zu Ihrer schauspielerischen Tätigkeit Dinge, die Ihnen als Hörbuchsprecher leichter fallen?

Stücke von Kleist, Shakespeare oder Kafka zu sprechen ist schwerer als die meisten Texte für Kinder. Vergleicht man das Einlesen eines Hörbuches mit dem Schauspielern, kann ich feststellen: Es gibt keinen Gegensatz zur schauspielerischen Tätigkeit. Es ist schauspielerische Tätigkeit. Es ist viel leichter, viele Figuren mit unterschiedlichen Stimmen zu sprechen als eine Landschaft spannend zu beschreiben.

Ist das Einlesen von Hörbüchern leichter, da man sich nur auf die Stimme und den Text konzentrieren muss – ohne auf Mimik und Gestik achten zu müssen?

Ich bin kein Nachrichtensprechertyp und stehe still vor dem Mikrophon. Vielmehr bewege ich mein Gesicht und meinen Körper fast genauso wie auf der Bühne, wenn ich ein Hörbuch aufnehme. Dabei muss ich nur darauf achten, dass ich nicht zu sehr am Mikro vorbeirede.

Wie bereiten Sie sich vor, wenn Sie ein neues Hörbuch einlesen?

Ich lese ein Buch dreimal, bevor ich es aufnehme. Einmal aus Neugierde und zum Genuss. Beim zweiten Mal lese ich das Buch technisch, um mir Notizen zu machen und die Figuren verschieden farbig zu markieren. Wenn ich das Buch das dritte Mal lese, lese ich laut, um zu üben.

Wir – also wir Hörer – hören nur das fertige Endprodukt und haben den Eindruck, Sie könnten das ganze Buch in Einem einlesen. Wie lange dauert es tatsächlich, bis ein Buch wie “Tintenherz” für eine CD eingesprochen wurde?

Ich schaffe an einem Tag eineinhalb CDs. Beim Film hingegen arbeitet man so oft an den kleinen Szenen bis sie stimmen. Bei guten Spielfilmproduktionen braucht man einen Tag für drei bis sechs Minuten vom Film.

Viele der Bücher, denen Sie ihre Stimme leihen, sind voller Phantasie und spielen in magischen Welten, wie die Tintentriologie von Cornelia Funke oder Skulduggery Pleasant von Derek Landy. Ist das auf Ihre persönliche Vorliebe für derartige Geschichten zurückzuführen?

Nein, diese Richtung der Bücher habe ich mir nicht bewusst ausgesucht. Aber wenn man mit Büchern von Cornelia Funke bekannt geworden ist, hat das natürlich auch Auswirkungen auf das Image. Deshalb werde ich eben in diese Nische gesteckt. Aber es macht mir genauso Spaß, einen Psycho-Krimi zu sprechen.

Was ist ihr ganz persönliches Lieblings-Hörbuch? Wenn Sie sich ein Buch aussuchen könnten – welches Hörbuch würden Sie gerne mal einlesen?

In meiner Kinderzeit habe ich “Hui Bu das Schlossgespenst” immer sehr gemocht. Und natürlich die “3 Fragezeichen”. Aber das sind genau genommen keine Hörbücher. Wenn ich die Wahl hätte, ein Hörbuch einzulesen, gäbe es mehrere Bücher, die mich interessieren. Zunächst einmal “Harka – die Söhne der großen Bärin” von Liselotte Weiskopf und eigentlich alles von Erich Kästner. Für die Erwachsenen würde ich gerne die Bücher von Joseph Konrad lesen sowie Lyrik von Inger Christensen.

 

Rainer Strecker ist zu hören und zu sehen bei der Leseournee mit John Katzenbach vom 29. Oktober bis 4. November 2012 und bei der Lesereise mit Cornelia Funke vom 21. bis 26. November 2012. medienbewusst.de wünscht Rainer Strecker viel Erfolg und bedankt sich für das Interview.

 

Felisa Schales

Bildquelle:
© Rainer Strecker by Dian Zagorchinov