Sich(er) Unterhalten – Windows Live Messenger für Kids


Kinder brauchen Kommunikation. Ausführliche Gespräche und aktives Zuhören fördern die Entwicklung des Sprachzentrums von Kindern und schulen die Gedächtnisleistung. Kommunikationswissenschaftler sehen im „Sich Unterhalten“ eine Art Gehirnjogging, bei dem im Hirn unzählige Prozesse und Regionen aktiv sind. Das Internet bietet auch für jüngere Nutzer nahezu grenzenlose Möglichkeiten dafür, wie zum Beispiel Instant Messenger. Doch auch die bergen Gefahren. Microsoft bringt nun den ersten Messenger speziell für Kinder heraus.

Er kommt bunt daher, mit großen Schaltflächen und fast werbefrei. Mit dem Windows Live Messenger für Kids startet Microsoft die Chat-Offensive auf Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis zwölf Jahren. Die Unterschiede zum großen Bruder Windows Live Messenger 2009 sollen im Sicherheitsangebot liegen. Und darauf scheinen die Entwickler schon bei der Installation Wert zu legen – bezieht man das Programm von der Herstellerseite, erscheint sofort ein Hinweis an die Kinder, dass sie ihre Eltern bitten möchten, den Messenger auf den PC herunterzuladen und zu installieren. Das Einrichten wiederum ist kinderleicht.

Bevor es losgeht, empfiehlt der Messenger, die Kinder einen Test machen zu lassen. Auf der Partnerseite der Internauten werden verschiedene kritische Chat-Szenarien durchgespielt. Dabei wird beispielsweise gefragt, für welchen Nicknamen sich das Kind entscheiden würde und darauf hingewiesen, dass der Name „Barbie_berlin98“ schon zu viel Informationen preisgibt.

Hat man das Programm dann gestartet, offenbart sich eine freundlich gehaltene, kindgerechte Benutzeroberfläche. Unter dem Button „Sei schlau“ kann in einfacher Sprache nachgelesen werden, was sich beim Chatten gehört und was nicht – die Chattiquette des Messengers. Weitere Tipps zur Nutzung bietet Microsoft auf der Herstellerseite und dem Link Sicher Chatten an. Speziell für Eltern gibt es eine Liste von Ratschlägen unter diesem Link.

Nun geht es ans Eingemachte: Klickt man auf den „Freunde“-Button, sieht man eine Liste seiner Kontakte. Ein weiterer Klick auf die „Hinzufügen“-Schaltfläche öffnet ein Dialogfenster. Dies ist der besondere Clou des Messengers. Beim Installieren des Programms verlangt der Installationsassistent mindestens eine E-Mail-Adresse, unter der die Eltern ständig erreichbar sind. Möchte das Kind einen Kontakt hinzufügen, muss es im Dialogfenster die E-Mail-Adresse des gewünschten Chat-Partners eintragen und in einem Kommentarfeld den Eltern kurz erläutern, wer sich hinter der Adresse verbirgt. Die Mail geht an das elterliche E-Mail-Konto, wo Vater oder Mutter den Kontakt freischalten können.

Im Chatfenster fällt eine Besonderheit direkt ins Auge: Eine weiße Hand auf rotem Grund. Dieser „Notruf-Button“ kann gedrückt werden, wenn dem Kind im Chat etwas eigenartig vorkommt. Ein Klick auf das Symbol öffnet einen Dialog, in dem man entweder direkt über ein E-Mail-Formular an die Eltern oder den 24h-Hilfeservice der Johanniter schreiben kann. Der gesendeten Mail wird der gesamte Chatverlauf angehängt, damit die Eltern oder die Seelsorger direkt wissen, was geschehen ist. Das Dialogfenster zu den Eltern ist auch mittels einfachen Button-Klick auf das Feld „Eltern E-Mail“ erreichbar. Zusätzlich sperrte Microsoft für den Messenger die Benutzung von Webcams und die Funktion des Dateien-Sendens.

Während der Benutzung des Messengers stellte sich aber dennoch ein eigenartiger Beigeschmack ein. Neben den zahlreichen guten Maßnahmen zur Chat-Sicherheit der Kinder wie beispielsweise dem Notruf-Button fehlt es an einfachsten Sicherheiten. Warum gab Microsoft beispielsweise keine Blacklist für den Messenger heraus, die vulgäre Sprache und unangemessene Ausdrücke sperrt? Auch sämtliche Links und URLs lässt das Programm zu, selbst solche die zu einschlägigen Webseiten führen (siehe Artikel).

Man könnte das dadurch rechtfertigen, dass die Eltern ja bereits beim Bestimmen der Chat-Kontakte Einfluss darauf nehmen, was geschrieben wird. Doch Hand auf Herz: Wer hat seinen Eltern schon immer alles über seine Freunde erzählt? Vor allem die Sicherheitsstufen, die Microsoft auf der Homepage den Eltern empfiehlt, sind sehr unausgegoren. Sie bauen lediglich darauf, dass man seinem Kind die Login-Daten mitteilt oder nicht und geben Mutti und Vati Hinweise, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, seinem Kind den „richtigen“ Windows Live Messenger  zu erlauben – der dann wiederum sehr werbelastig ist.

Fazit: Microsofts Ansätze sind ohne Frage gut und bringen innovative Funktionen wie den „Notruf-Button” mit sich. Doch in letzter Konsequenz müssen sich die Hersteller den Einwand gefallen lassen, dass bei der Entwicklung nicht ausschließlich die Sicherheit der Kinder im Vordergrund stand, sondern vielmehr eine frühe Emotionalisierung mit der Marke zur Kundenbindung bereits im Kindesalter.

Dennoch eine gute Alternative, die neben moderierten Chats zum Schutz der Kinder im Internet beitragen kann.

Felix Haak

Bildquelle:
privat (Screenshot)