Trotz zahlreicher Studien ist immer noch unklar, wie Handystrahlung auf Kinder wirkt. Ein sicherer Anhaltspunkt für gute Qualität und einen möglichst hohen Schutz der Gesundheit ist der Blaue Engel des Bundesumweltministeriums. Nur knapp 20% der Handys auf dem deutschen Markt erfüllen seine strengen Anforderungen. In einem Gespräch mit Jörn-Uwe Thurner, Mitarbeiter des Umweltbundesamts und Beauftragter des Blauen Engels, fragten wir nach Anforderungen, Auftrag und Hürden für den Schutzengel der Handy-Kids.
Seit 1979 zeichnet das Bundesumweltministerium nun bereits Produkte für ihre besondere Umweltfreundlichkeit aus. Den Blauen Engel für das Handy gibt es seit 2002. Warum entschieden Sie sich, ihn einzuführen?
Unsere Überlegung war, besonders strahlungsarme Handys mit dem Blauen Engel auszuzeichnen. Diese Geräte sollen SAR-Werte haben, die deutlich unter dem Durchschnitt liegen. Der Blaue Engel schützt die Gesundheit – das ist die Zielvorstellung, die wir mit diesem Umweltzeichen verbinden.
Auf welche Kriterien legen Sie bei der Vergabe des Umweltzeichens besonderen Wert?
Bedeutende Kriterien sind für uns die Strahlungsarmut, die Materialanforderungen an die Handys und ihre Energieeffizienz.
So dürfen zum Beispiel keine bleihaltigen Telefon-Akkus verwendet werden.
Richtig. Die Bestimmungen der Rußrichtlinien und der Elektroschrottrichtlinie sind natürlich in unseren Anforderungen enthalten. Solche gesetzlichen Vorgaben werden auf jeden Fall gefordert. Darüber hinaus gibt es Begrenzungen bei einigen Inhaltsstoffen. Beispielsweise dürfen keine krebserzeugenden, keine mutagenen oder terratogenen Stoffe enthalten sein. Denn all diese Stoffe können, wenn sie austreten, empfindliche Personen gesundheitlich dauerhaft schädigen. Außerdem haben wir bestimmte Flammschutzmittel verboten, die in den Mobiltelefonen sonst häufig vorkommen.
Nun wurde bislang nur das Kandy Mobile mit dem Engel ausgezeichnet. Andere Handyanbieter haben sich nicht um das Siegel beworben?
Leider nein.
Welche Gründe hat es Ihrer Meinung nach, dass der Blaue Engel solche Startschwierigkeiten hat?
Einer der wesentlichsten Gründe ist, dass die Hersteller sich mit dem Problem Gesundheitsschutz beim Handy nicht so wirklich anfreunden wollen. Sie sind zwar gern bereit zu sagen: „Unsere Geräte sind energieeffizient und recyclinggerecht konstruiert“. Aber sie wollen auf das Thema Gesundheit bei diesen Geräten nicht auch noch auf den Verpackungen aufmerksam machen. Das Umweltzeichen besitzt nämlich auf der Verpackung immer eine Umschrift, die den besonderen Auszeichnungsgrund angibt. Das sind bei diesen Geräten Strahlungsarmut, Schadstofffreiheit und Energieeffizienz. Und mit dieser Umschrift wollen die Hersteller nicht auf gesundheitliche Gefährdung hinweisen.
Die Anforderungen des Engels wurden oft als zu hoch kritisiert, zudem wurde ein zu hoher bürokratischer Aufwand bemängelt. Sehen sie diese Argumente als Grund dafür, dass der Handyengel bislang nicht richtig fliegt?
Das würde ich nicht so sehen, eher im Gegenteil. Die Hürden sind aus unserer Sicht nicht zu hoch. Natürlich müssen wir darauf Wert legen, dass die Handys, die am Ende eines längeren Prozess das Umweltzeichen tragen, auch wirklich die Anforderungen erfüllen. Die Handys werden formal geprüft und dazu müssen die Hersteller nun einmal auch Nachweise vorlegen.
Was muss geschehen, damit sich der Blaue Engel im Handybereich doch noch etabliert? Und was können Sie und das Bundesumweltministerium dafür tun?
Das Umweltministerium hat seinerseits viel dazu beigetragen, dass dieses Projekt überhaupt soweit gekommen ist: Wir haben die Anforderungen des Engels gemeinsam mit dem Bundesamt für Strahlenschutz erarbeitet und so die notwendigen materiellen Voraussetzungen für eine vernünftige Vergabe geschaffen. Was nun fehlt, ist ein Anbieter außer Kandy Mobile. Ein Hersteller, der bereit ist, seine Produkte mit dem Handyengel auszuzeichnen.
Wie bereits erwähnt, ist Der Engel auch auf den Verpackungen gekennzeichneter Telefone zu finden. Was garantiert er dem Verbraucher, vor allem Eltern?
Sie können sich darauf verlassen, dass die Telefone die Empfehlungen des Bundesamts für Strahlenschutz sicher einhalten und sogar unterschreiten. Die Gesundheit Ihres Kindes ist so gut wie nur möglich geschützt.
Worauf sollten Eltern beim Kauf eines Mobiltelefons für ihr Kind besonders achten?
Eltern sollten natürlich in erster Linie auf niedrige SAR-Werte achten, da die Wirkung von Handystrahlen auf Kinder noch unklar ist. Achten Sie auch auf die anderen Kriterien, die der Blaue Engel verlangt und erfragen Sie die Informationen bei den Anbietern und Elektromärkten.
medienbewusst.de bedankt sich bei Dr. Jörn-Uwe Thurner und dem Umweltbundesamt für das offene Interview und wünscht dem Blauen Engel weiterhin viel Erfolg.
Kristin Steppeling