Silvia Keil – Wir lassen die Kinder selbst erzählen!


Seit dem April 2012 zeigt der Kinderkanal von ARD und ZDF die neue Doku-Reihe „Schau in meine Welt!“ und öffnet für die jungen Zuschauer Türen zu fremden Welten. medienbewusst.de hat bereits über die Doku-Reihe berichtet, nun haben wir mit der verantwortlichen KiKA-Redakteurin Silvia Keil über die Sendung und deren Hintergründe gesprochen.

Frau Keil, inwiefern unterscheidet sich die an Kinder gerichtete Doku-Serie “Schau in meine Welt!” von herkömmlichen Dokumentationen mit einer erwachsenen Zielgruppe?

Dokus, die an Kinder gerichtet sind, gehen zunächst von einem anderen Erfahrungshorizont aus als bei Erwachsenen. Viele Dinge, die Erwachsenen bekannt sind, müssen bei Kindern erklärt werden. Dies tun wir mit einer möglichst einfachen und eingängigen Sprache.

Es wurde eine Doku-Reihe für Kinder geschaffen, bei der die Kinder im Vordergrund stehen und von ihrem persönlichen Alltag berichten. Erwachsene scheinen stets nur eine Nebenrolle zu spielen. Wie wurde dies erreicht?

Wir erzählen die Lebenswelt der Kinder, in dem wir sie selbst berichten lassen. Dafür braucht es die Erwachsenen nur dann, wenn sie auch diesbezüglich eine Rolle spielen. Da es uns um die emotionale Welt des Kindes geht, lassen wir die Erwachsenen nur in der Interaktion mit dem Protagonisten zu Wort kommen. Bei der Produktion ist es uns wichtig, dass wir mit den Kindern auf Augenhöhe sind. Damit erreichen wir, dass der Zuschauer sich mit dem Kind identifizieren und sich in dessen Welt hineinfühlen kann. Darauf kommt es am Ende an: ein Gefühl für die Lebenswelt und das Lebensgefühl von anderen Kindern zu entwickeln. Und eine solche Nähe zu ihnen zu fühlen, dass sie einem – egal wie und wo sie leben – nicht mehr fremd sind.

Neben Kindern aus anderen Kulturen stellen auch deutsche Kinder ihren Alltag dar. Welche Lebensumstände sind für das Format interessant?

Es gibt keine „Kriterien“, die Kinder erfüllen müssen, um ein Teil der Sendung zu werden. Es gibt sehr viele Kinder, die ganz eigene Lebenswelten und die spannende Geschichten zu erzählen haben. Immer dann, wenn sich das Kind von anderen Kindern unterscheidet und in einer “ganz eigenen Welt” lebt. Denn dann ist das Kind in der Position, etwas erzählen zu können. Diese Lebensgeschichten sind für uns als Zuschauer spannend.

Durch dieses Konzept fällt es den jungen Zuschauern sicher leichter, eine Verbundenheit mit den Protagonisten aufzubauen. Was möchten Sie den deutschen Kindern durch die Sendung vermitteln?

Wir wollen Lebenswelten entdecken, die die Zuschauer inspirieren und in die sie sich hinein fühlen können. Die Zuschauer sollten verstehen, dass jeder Mensch im Grunde die Berechtigung zu einer eigenen Lebenswelt hat. Besonders gefreut hat mich, dass die jungen Zuschauer uns einladen ihre Welt zu entdecken. Das zeigt, dass die Kinder das Grundkonzept der Doku-Reihe schnell angenommen haben und ihre eigene, ganz individuelle Lebenswelt reflektieren.

Dem Zuschauer bleibt sicher die Geschichte von Ngiti in Erinnerung: Ein Nomadenmädchen aus Namibia, die ihren anstrengenden Alltag vorstellte, zum ersten Mal eine Stadt besuchte und am Ende der Episode sagte „Ich wünsche mir kein anderes Leben.“ Wie entsteht der enge Kontakt zu diesen Darstellern?

Es gibt Produktionsfirmen, die sich auf bestimmte Länder spezialisieren und dabei einen sehr engen Kontakt zu den Menschen dort haben. So kommt man dann natürlich auch zu den Geschichten. In diesem konkreten Fall hat ein Produzent, der viel in Afrika arbeitet, diesen Stamm und eben auch Ngiti kennengelernt.

Aus welchem Grund haben Sie sich dazu entschieden, den Originalton beizubehalten und nicht vollständig zu synchronisieren?

Der Zuschauer soll die Realität nicht aus den Augen verlieren. Ngiti spricht kein Deutsch und dem Zuschauer sollte bewusst sein, dass sie übersetzt wird. Würden wir sie synchronisieren, würde (vor allem bei kleineren Kindern) der Eindruck entstehen, dass sie tatsächlich deutsch spricht. Zusätzlich bekommt man zur Protagonistin noch ein ganz anderes Gefühl, wenn man ihre Stimme und ihr Lachen hört. Diese Dinge sind uns sehr wichtig, um die Nähe zu ihr aufbauen zu können und ein „echtes“ Gefühl für sie als eigenständige Persönlichkeit zu bekommen.

Ja, da haben Sie recht, ihr Lachen war wirklich bemerkenswert. Auf welche Geschichten können sich die Zuschauer noch freuen?

Auf viele, viele schöne Geschichten! Ich will nur einige verraten: Wir berichten über die 13-jährige Tammy, die in Uganda lebt und dort als Popsängerin berühmt ist. Wir haben Giovanni begleitet, der in Venedig lebt und als Gondoliere arbeitet. Wir sind bei Mena, deren Vater Wanderschäfer ist und die deswegen ein Leben als Nomadin führt… und … und … und …

 

medienbewusst.de bedankt sich bei Silvia Keil für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.

Berit Prante

Der medienbewusst.de-Kommentar zu “Schau in meine Welt!”:
„Schau in meine Welt!“ – Doku-Reihe öffnet Kinderaugen für fremde Kulturen