30 Jahre – “Der Traumzauberbaum”


Reinhard Lakomy ist Komponist, Pianist und Sänger. Die Bandbreite seines musikalischen Schaffens reicht von Schlager über Jazz und elektronische Musik bis zu Hörspielen und Musicals für Kinder. Sein bekanntestes Werk ist das Kinder-Hörspielmusical „Der Traumzauberbaum“, welches er gemeinsam mit seiner Ehefrau Monika Ehrhardt produzierte. „Der Traumzauberbaum“ feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Ein Grund für medienbewusst.de mit dem vielseitigen Musiker Reinhard Lakomy ins Gespräch zu kommen.

Herr Lakomy, die Geschichte vom Traumzauberbaum ist 30 Jahre alt und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Mal unter uns, was ist das Geheimrezept oder anders gefragt, wodurch lassen Sie sich inspirieren?

Ein Geheimrezept gibt es da eigentlich überhaupt nicht. Es sei denn, dass man ordentliches Arbeiten als Geheimrezept versteht. Das verlange ich eigentlich von jedem Maurer, Autoschlosser und das erwartet man natürlich auch von mir als Komponist und Arrangeur. Das Geheimrezept für den Traumzauberbaum sind natürlich die Texte. Diese sind, nicht weil meine Frau sie schreibt, nach meinem Geschmack bislang unerreicht. Da gibt es nichts, was damit wirklich konkurrieren könnte.

Was hat Sie dazu bewegt Kinderlieder und Hörspielmusicals zu produzieren?                         

Auf Grund meiner Lieder für Erwachsene, sprach mich ein Regisseur vom Dokfilmstudio, der damals in der DDR „Der besondere Tag“ produzierte, an. Das war eine Sendung, wo in jeder Folge immer ein Kind den Beruf eines Elternteils vorstellte. Dazu gab es immer ein Lied. Der Regisseur fragte mich, ob ich mir zutraue auch etwas für Kinder zu machen. Und da ich mich bei etwas Neuem und Spannendem eigentlich immer frage, ob ich das vielleicht auch kann, habe ich gesagt: „Naja, ich werd’s mal versuchen“. Das erste Ding, was ich dort gemacht habe, wurde gleich ein kleiner Hit. Das war das „Lied vom Fliegen“.

Damals kannte ich meine Frau, die Monika Ehrhardt, noch gar nicht und so machte ich dann ein Ding nach dem anderen und stellte fest, dass ich das eigentlich ganz gut beherrsche. Und irgendwann wollte ich dann auch einmal eine LP machen. Ich lernte meine Frau kennen und sie hatte genau die Texte, nach denen ich gesucht habe. Und so ging das los. Wir produzierten die Geschichtenlieder mit Paule Platsch und wussten auch überhaupt nicht, ob das erfolgreich werden würde oder nicht. Es hat schließlich vorher noch niemand so etwas in dieser Form gemacht. Man hatte auch kein Vorbild, wo man hätte sagen können, das funktioniert. Der große Durchbruch auf dieser Schiene war dann der Traumzauberbaum. Der hat sich nun 30 Jahre gehalten. Und was 30 Jahre hält, das hält auch die nächsten 30 Jahre.

Haben Sie ein besonderes (Traumzauberbaum-) Erlebnis, an welches Sie gerne zurückdenken?

Naja, es gibt immer mal wieder so bestimmte Situationen mit Kindern, die sind skurril und zeigen eigentlich, dass man sich als Künstler, der für Kinder arbeitet, auch sehr gut selbst unterhalten kann. So sagte zum Beispiel ein kleines Mädchen bei einer Autogrammstunde in der Berliner Gegend im tiefsten Kanaldeutsch: „Weeste wat, Moosmutzel? Zum Fasching geh ick als dich“. Solche Sachen bleiben dann natürlich auch im Gedächtnis. Oder letztens als Agga Knack mal wieder so traurig war, weil Moosmutzel und Waldwuffel sich angesungen und angehimmelt haben, fragte ich: „Wisst ihr was Agga hat?“. Und da brüllte ein Bengel: „Bei der is‘ die Batterie alle“. Solche Dinge eben, das sind Einfälle, die man sich gar nicht so ausdenken kann. Diese Kinder, die gehen eben auch mit. Das sind die Momente, wo man dankbar ist, dass man für Kinder spielen darf.

Nach meinen Beobachtungen haben die Kinder besonders bei dem Titel „Küßchenlied“ mitgefiebert, welcher ist Ihr persönlicher Favorit?

Ach wissen Sie, das ist wie mit den Kindern. Man liebt jedes Kind für sich und so ist das auch mit dem was man komponiert. Also ein Lied, was ich nicht gerne hätte, würde ich gar nicht veröffentlichen. Bei mir geht nichts raus, was nicht durch meine eigene kritische Meinung kommt.

Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der Produktion von Liedern und Hörspielen für Kinder?

Kinder sind ein sehr kritisches Publikum. Wenn denen etwas nicht gefällt, dann fangen sie an rumzurennen. Die interessiert das dann nicht mehr. Die stellen eben eine Platte ab, wenn es zu langweilig für sie wird. Die sind auch in der Hinsicht nicht höflich sondern gnadenlos ehrlich. Erwachsene bleiben dann sitzen und hören sich den Mist bis zum Ende an und sagen dann hinterher: „Das war aber richtiger Mist, was da abgelaufen ist“.

Würden Sie sagen, dass eine Art pädagogische „Message“ im Gesamtkunstwerk des Traumzauberbaum steckt?

Dahinter steckt keine pädagogische Message, weil wir keine Pädagogen sind, damit das gleich mal klar ist. Wir schreiben für Kinder, weil wir versuchen den Kindern eine gewisse Poesie zu vermitteln, die wichtig ist für die Synapsen. Wenn ein Kind sechs Jahre alt ist, dann ist es nämlich zu spät. Dann hat sich der Weg erledigt, dann haben sich die Synapsen gesetzt und so funktioniert der Mensch dann bis ins hohe Alter.

Wenn ein Kind mit Poesie aufwächst und vielleicht als Kind mit dem Traumzauberbaum aufgewachsen ist, dann kommt das Kind gar nicht auf die Idee später als Erwachsener irgendjemanden in die Fresse zu hauen, nur weil der vielleicht gelb, braun, rot, grün oder sonst was ist. Die Hemmschwelle, wenn man mit Kunst und Poesie aufwächst, wird höher. Das gleich zu schlagen, passiert dann eigentlich nicht mehr. Ich finde, da haben wir ein ganz kleines bisschen dazu beigetragen. Aber man muss sich als Künstler nicht einbilden, dass man alles erreicht, aber einiges haben wir erreicht.

Neben dem Jubiläumstonträger reisen Sie und das Traumzauberbaum-Ensemble zum Geburtstag durch ganz Deutschland. Was ist das besondere an der Jubiläumstour?

Es gibt immer ein entsprechendes Programm. Das schreibt dann ebenfalls meine Frau. Wir bauen dieses Programm dann im Laufe der Zeit mit gewissen Erfahrungswerten aus. Wir schauen was dramaturgisch klappt, was nicht so funktioniert wird verändert. Im Moment sind wir in der Lage, sagen zu können, dass dieses Programm rundläuft und ein gewisses Tempo hat, sodass es nicht langweilig wird und auch für die Eltern Unterhaltung bietet. Wir müssen immer ein bisschen zweigleisig fahren. Ich kann das auch nicht leiden, wenn ich mit einem Kind irgendwo hingehe und dann langweilt man sich. Ich möchte eigentlich auch ein bisschen mit unterhalten werden.

Sie sind Pianist, Sänger, Komponist etc., sozusagen ein Multitalent. Was davon macht Ihnen am meisten Spaß und gibt es vielleicht etwas, das Sie immer schon können wollten, aber unerreichbar blieb?

Das Einzige, was ich eigentlich immer können wollte, war Hubschrauber fliegen. Bloß muss man erst den richtigen Flugschein machen und dann kann man erst Hubschrauberpilot werden. Ich bin sowieso technisch sehr interessiert. Ich arbeite seit fast 30 Jahren mit Computern und mache damit auch Musik. Ich war einer der Ersten, der in der DDR eine ganze Langspielschallplatte mit elektronischer Musik gemacht hat.

Was ich wirklich können möchte, aber das wird nichts mehr, ist mein Traumprogramm einmal selber zu schreiben. Oder ein Programm was es schon gibt, zum Beispiel Logic für Mac, so umzuschreiben, das es tatsächlich auf mich passt. Aber das kann ich nicht. Ich interessiere mich sehr für Nautik, weil ich selber ein großes Boot habe und das natürlich nicht nur bei schönem Wetter beherrschen muss. Sowas interessiert mich auch sehr. Ich bin also sehr gestreut interessiert.

Einige Schulen tragen Ihren Namen, wie zum Beispiel die Reinhard-Lakomy-Schule in Halberstadt. Wie kam es zu dieser Namensgebung und was bedeutet dies für Sie?

Das ist so, wenn man an zwei Schulen, die eine ist eine Grundschule in Cottbus und die andere ist für geistig behinderte Menschen in Halberstadt, seinen Namen liest, dann kommt einem das zunächst einmal ziemlich merkwürdig vor. Früher war das ja so, dass nach lebenden Persönlichkeiten gar keine öffentlichen Gebäude benannt wurden. Es ist eine große Ehre und zwar ist das eine Wertschätzung unserer Arbeit. Die Schule könnte auch Monika-Ehrhardt-Schule heißen, denn eigentlich ist sie ja die Erfinderin vom Traumzauberbaum. Denn wenn die Texte nicht vorhanden wären, dann würde das gar nicht funktionieren. Ich könnte gar keine Texte schreiben, die so eine Qualität hätten.

Es wurden unheimlich viele öffentliche Einrichtungen nach unseren Werken benannt, zum Beispiel gibt es Traumzauberbaumschulen, Wolkensteinschulen, Traumzauberbaumkindergärten, Paule-Platsch-Kindergärten. Da kann es ja nur sein, dass dort wie zum Beispiel in der Behindertenschule große Erfolge mit unseren Sachen erzielt wurden. Denn Behinderte v.a. auch Autisten öffnen sich insbesondere bei Musik, wenn ihnen eine Musik oder Geschichte besonders gut gefällt. Da konnte man schon über Jahre die erstaunlichsten Beobachtungen machen, wie sich Leute mit einer solchen Behinderung entwickeln. Das ist natürlich eine sehr schöne Sache, wenn man sich gegen eine Person wie Helmut Kohl behaupten kann. Ich trete da ja nicht in einen Wettbewerb. Der Name wird ja von einer Kommission aus Eltern und Lehrern entschieden. Bei einer anderen Schule war ich sogar im Vorteil gegenüber Astrid Lindgren, da war ich natürlich erst recht stolz.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Wir sind gerade am Traumzauberbaum 3 dran, aber erst einmal müssen wir für unsere Weihnachtstournee proben. Da haben wir ganz schön zu tun, denn wir haben zwei neue Kolleginnen, die bei „Weihnachtsluft im Traumzauberwald“ noch nicht mitgespielt haben. Das bedeutet, wir müssen alle Gesangssätze neu üben und einstudieren. Das ist dann auch ein bisschen Arbeit, aber die beiden sind so musikalisch, da glaube ich, mehr als drei Proben brauchen wir nicht.

medienbewusst.de bedankt sich bei Reinhard Lakomy für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.

Anika Bube

Bildquelle:
http://traumzauberbaum.de/