Dr. Christine Feil ist seit 1979 am Deutschen Jugendinstitut in München tätig. Im Rahmen ihrer Arbeitsgebiete Medienforschung und Medienpädagogik konzentriert sich die Diplom-Soziologin auf die Internetnutzung von Kindern. Von 2004 bis 2006 beobachtete sie mit ihrem Team im Rahmen des Projekts „Lernen mit dem Internet. Beobachtungen im Grundschulalltag“ die Internetnutzung in Grundschulen. Im Interview erzählt sie darüber und wie das Internet Kindern beim Lernen helfen kann.
Frau Dr. Feil, über drei Jahre haben Sie die Umstände der Internetnutzung an Grundschulen beobachtet. Was gab Ihnen den Anstoß zu diesem Projekt?
Der Anstoß lag eigentlich im außerschulischen Bereich. Wir hatten davor auch Kinder beobachtet, wie sie das Internet benutzen, aber eben außerhalb der Schule. Das war eine Beobachtungsstudie mit Kindern zwischen fünf und 12 Jahren und die Kinder hatten Schwierigkeiten.
Wir dachten uns damals, wenn Kinder den Internetumgang in der Schule lernen, nutzen sie es vielleicht effektiver und können die Vielzahl von Informationen besser einordnen und einschätzen. Im Freizeitbereich war es damals zumindest zum Teil so, dass die Kinder primär ins Internet gegangen sind, um zu spielen und die Qualität des Internets als Informationsquelle nicht wahrgenommen haben.
Warum ist es wichtig, dass die Kinder den Umgang mit dem Internet bereits im Grundschulalter kennenlernen?
Das Internet gehört inzwischen zur Alltagswelt. Wie die anderen Medien auch, ist es den Kindern primär in den Familien zugänglich. Wenn man Kindern die Medienwelt erschließen will, sollte man sie auch gezielt an die Medien heranführen. Es gibt keinen Grund, das Internet auszuschließen, im Gegenteil – man sollte es Kindern sowohl als Unterhaltungsmedium als auch als Informationsquelle zugänglich machen. Hier ist die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Grundschule erforderlich, um einerseits die pädagogische Begleitung der Kinder sicher zu stellen und andererseits Kindern die virtuelle, „unsichtbare“ Welt des Internets zu öffnen. Geeignetes für Kinder will erst einmal gefunden sein. Dabei werden in Elternhaus und Grundschule unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Während es Kindern zu Hause nach wie vor ums Spielen – inzwischen auch ums Kommunizieren – geht, spielt das Internet in der Schule vornehmlich als Lernwerkzeug eine Rolle. In beiden Fällen ist die Begleitung der Kinder während der Netzaufenthalte wichtig, denn der kompetente Umgang mit dem Internet muss erst erlernt werden. Es ist in pädagogischer Hinsicht ein Medium, wie andere auch. Niemand käme auf die Idee zu fragen „Wieso schauen Sie mit Ihrem Kind ein Bilderbuch an?“ oder „Wieso sehen Sie mit ihm die Sendung mit der Maus?“.
Wie können die Eltern ihren Kindern helfen, den Computer sinnvoll als Lernhilfe zu nutzen?
Es ist bekannt, dass Kinder das Internet häufig für die Schule nutzen. Dabei brauchen sie Unterstützung von den Eltern, da sie oft nicht wissen, wo und vor allem wie man so sucht, dass man etwas Brauchbares findet. Ich denke, man muss viel tun, damit Eltern wissen, was im Internet für Kinder angeboten wird. Das heißt, es ist beispielsweise darüber aufzuklären, dass Kinder zu ihrem eigenen Schutz nicht „googlen“, sondern spezielle Suchmaschinen für Kinder verwenden sollen, wie die „Blinde Kuh“ oder „Frag Finn“. Über sie sind Kindernachrichten, Sachinformationen, aber auch viele Spiele aufzufinden. Man sollte jedoch den Internetgebrauch von Grundschulkindern nicht mit Lernaspekten überfrachten, denn zunächst geht es darum, dass sich die Kinder das Internet spielerisch aneignen.
Wenn Eltern die Internetaktivitäten ihrer Kinder beobachten und unterstützen sollen, welche Kriterien für besonders kindgerechte Webangebote sind zu beachten?
Es gibt äußerliche, relativ klar erkennbare Gesichtspunkte. Werden die Richtlinien des Kinder- und Jugendmedienschutzes eingehalten? Wird auf der Website geworben? Falls ja, ist der redaktionelle Inhalt klar von der Werbung abgetrennt? Ist ein Impressum vorhanden? Demnach, woher kommt die Seite und mit welchen Zielen spricht der Anbieter Kinder an? Dann gibt es noch inhaltliche Gesichtspunkte. Sind auf der Website Inhalte, für die sich das Kind interessiert, gibt es dort Neues und Spannendes zu entdecken? Ist die Sprache verständlich und nicht zuletzt, hat die Website Internetspezifisches zu bieten, wie interaktive, multimediale und kommunikative Elemente? Weiter gibt es subjektive Kriterien, wie das Design. Die Eltern sollten sich selbst kundig machen, welche Internetangebote es für Kinder gibt und sich auch selbst mit diesen auseinander setzen, damit sie ihren Kindern mit Rat und Tat zur Seite stehen können.
medienbewusst.de bedankt sich bei Frau Dr. Feil für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg bei spannenden Forschungsprojekten.
Ines Beier
Bildquelle:
http://www.dji.de/cgi-bin/projekte/output.php?projekt=510&Jump1=RECHTS&Jump2=25