„Gelungene Spielfilme für Kinder und Jugendliche sind in erster Linie Filme, die Herz und Geist gleichermaßen ansprechen.“ Mit diesem Maßstab für den Kinderfilm beschreibt Nicole Kellerhals die besondere Verantwortung von Filmemachern gegenüber ihrer Zielgruppe. Sie ist selbst Mutter zweier Söhne und arbeitet als Mentorin für die Spielfilmgruppe der Akademie für Kindermedien. Als freie Dramaturgin betreut sie verschiedene Filmproduktionen für Erwachsene als auch für Kinder. Im Interview mit medienbewusst.de gibt sie Einblicke in Ihre Arbeit und erzählt von persönlichen Erfahrungen mit dem Kinderfernsehen.
Vor kurzem starteten die diesjährigen Lehrgänge der Akademie für Kindermedien. Bereits zum vierten Mal bietet der Förderverein Deutscher Kinderfilm e.V. ausgewählten Autoren und Entwicklern die Möglichkeit, ihre Kindermedienprojekte weiterzuentwickeln. Dabei erhalten sie in einer Mischung aus Vorträgen und Workshops professionelle Unterstützung. Nicole Kellerhals, die seit 2006 Mentorin der Gruppe „Spielfilm“ ist, sieht in der Arbeitsweise der Akademie insbesondere das Interdisziplinäre als Grundprinzip. Die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den Gruppen „Spielfilm“, „Animationsserie“ sowie „Interaktive und cross-mediale Inhalte“ sei eine Bereicherung für alle Beteiligten. Darüber hinaus versteht sie die „Sinnstiftung“ als einen weiteren Leitgedanken: „Kinder sollen nicht nur unterhalten werden, sondern auch die Welt erlernen, etwas von der Geschichte mitnehmen können.“
Die Mentorin für die Workshopteilnehmer war vier Jahre für den MDR tätig, wo sie als Fernsehredakteurin das Programm gestaltete und auch Kino-Koproduktionen betreute. Zuvor war sie als Produktions- und Regieassistentin beschäftigt.
Seit 1997 arbeitet sie als freie Dramaturgin bei „X-Filme Creative Pool“, einem Berliner Film- und Fernsehproduktionsunternehmen, wo sie verschiedene Kinofilme, u.a. „Good Bye, Lenin!“ von Wolfgang Becker, betreut.
Ihr Interesse an Kindermedien begann vor etwa acht Jahren, als ihre heute elf- und 13-jährigen Söhne die Medien für sich entdeckten. „Als Mutter versuchte ich, mich zu orientieren, ich überlegte, woher ich Informationen bekomme, um pädagogisch wertvolle, altersgerechte Bücher und Filme für meine Kinder auszusuchen.“
Beruflich ist sie in den Kindermedien hingegen erst später aktiv geworden. Eine Empfehlung der Autorin Katharina Reschke und die Zusammenarbeit am Drehbuch zu „Hanni & Nanni“ verhalf Nicole Kellerhals zu ihrer Tätigkeit als Mentorin bei der Akademie für Kindermedien. Die Arbeit dort habe von Anfang an Spaß gemacht. Mit der Animationsverfilmung „Die drei Räuber“ sowie der Romanze „Max Minsky und ich“ betreute sie ihre ersten Kinderspielfilme.
Auf die Frage, wo die Unterschiede zwischen der Entwicklung von Inhalten für Erwachsene und für Kinder liegen, antwortet sie: „Die Verantwortung der Zielgruppe gegenüber ist bei Kinderfilmstoffen sehr viel größer.” Man müsse sich intensiv mit der Zielgruppe auseinandersetzen. Insbesondere bei der Entwicklung von Spielfilmen, etwa bei der Gestaltung der Charaktere, sei es wichtig darauf zu achten, dass „Lernen ein Teil der Geschichte wird, aber nicht pädagogisch, sondern eher unsichtbar.“
„Man darf die Kinder nicht überfordern, aber auch nicht unterfordern“, erklärt sie. Deshalb sei es wichtig, sich in das Publikum hineinzuversetzen. Die Erinnerung an die eigene Kindheit sei dabei von enormer Bedeutung. Es reiche nicht aus, mit Psychologen über die Theorie zu sprechen. Die Mentorin erzählt, dass im Rahmen der Kindermedienakademie Schulen oder sogar Kindergärten aufgesucht werden, um Projekte der Zielgruppe vorzustellen. Dabei erhalten die Autoren und Entwickler „großartige, sehr spannende und fantasievolle Reaktionen.“
Nicole Kellerhals hat das Medium Fernsehen in ihrer Kindheit erst mit ungefähr sieben Jahren kennen gelernt. Sie erinnert sich an das damals noch spärliche Angebot für Kinder, jedoch waren Sesamstraße und die Märchen am Wochenende fester Bestandteil ihres Lebens. Heutzutage machten Kinder meist schon viel früher Erfahrungen mit dem Fernsehen und seien mit einem „gigantischen Angebot“ für ihre Altersgruppe konfrontiert. Dabei bewertet sie die Programmgestaltung positiv, sie hält nicht viel von der „Immer-dümmer-Debatte“, also von der Kritik, dass Kinderfernsehen immer mehr an Qualität verliert. So seien die Teletubbies für Kleinkinder durchaus ein geeignetes Format. „Die holen die Kinder aus ihrem Alltag ab, sie spiegeln deren Alltagserfahrungen wider.“
Dennoch kritisiert die freie Dramaturgin die mangelnde Präsenz von Kinderspielfilmen im Fernsehen, dabei erfreuten sich gerade diese auf Festivals großer Beliebtheit bei der Zielgruppe. Hier moniert sie die Zurückhaltung der Sender und merkt an, dass Kinder auch bei Filmen mit schwierigen oder traurigen Inhalten keinesfalls überfordert seien: „Kinder können genau zwischen Realität und Fiktion unterscheiden.“
Derzeit arbeitet die Lehrende zusammen mit den Teilnehmern der Akademie an neuen Filmstoffen für Kinder. Außerdem wirkt sie an der Neuverfilmung von “Alfons Zitterbacke” mit.
medienbewusst.de bedankt sich bei Nicole Kellerhals für das Gespräch und wünscht ihr sowohl bei zukünftigen Filmprojekten als auch bei ihrer Arbeit an der Kindermedienakademie viel Erfolg.
Robert Köhler
Bildquelle:
zur Verfügung gestellt v. Nicole Kellerhals