Kriegshelden mit Modefimmel


Farbenfroh bis knallbunt wirkt Battlefield Heroes, das dieses Jahr erschienene Browserspiel des Publishers und Spieleentwicklerkonsortiums Electronic Arts (EA). Das Thema ‘2. Weltkrieg’ ist dabei im Hintergrund, auch wenn nicht direkt darauf hingewiesen wird. Harmloses Browsergame oder geschichtsträchtiger Shooter, verkleidet im Comiclook? medienbewusst.de-Reporter Christian Kowitz machte den Test und erhielt auch Statements von den Entwicklern.

Die europäische Pan European Game Information, kurz PEGI, hält BF-Heroes für Spieler ab 16 Jahren geeignet. Von der USK wurde das Spiel bislang nicht eingestuft. Angesichts leicht zu überwindender Altersabfragen und freier Onlineverfügbarkeit ist davon auszugehen, dass auch Jüngere ‘Heroes’ spielen.

Das Spielprinzip und Ziel des Spiels ist aus den Vorgängern der Battlefield-Serie bekannt und denkbar einfach. Es gibt zwei Seiten, die ‘Royal Army’ und die ‘Nationals’, die im Team gegeneinander um die Eroberung bestimmter Flaggenpunkte (Flags) einer Karte (bzw. Map) kämpft. An diesen Flaggen können dann die virtuell getöteten Mitspieler nach nur sekundenlanger Wartezeit wieder in die Runde einsteigen, genannt (Re-)Spawnen. Bei einem bestimmten Verhältnis der eroberten Flaggen bekommt das jeweilige Gegnerteam in einem kurzen Intervall so genannte Tickets automatisch abgezogen. Auch für jeden ausgeschalteten Gegner bekommt das Gegnerteam Ticketabzüge. Das Team, das zuerst null Tickets erreicht, hat die Runde verloren, das andere gewonnen. Bei den meisten Servern wird jeweils eine Hin- und eine Rückrunde einer Map aufeinander folgend gespielt.

Bewusst erinnern kleine, installierte Parallelen in den Karten an einen aus Vorgängern bekannten Schauplatz, Frankreich im Zweiten Weltkrieg. So wurden Ausrüstung, Waffen, Vehikel der Wehrmacht und der Alliierten, sowie die Karten durchaus erkennbar nachempfunden. Dies ist sicher nicht ganz zufällig, schließlich hat das schwedische Entwicklerteam von Dice bei diesem Szenario schon durch seinen Klassiker ersten Titel der Battlefield-Serie, ‘Battlefield 1942’, reichlich Erfahrung. Der Spieler wählt zu Anfang eine der drei möglichen Hero-Klassen, Soldat, Kommando und Versorger, die entsprechende Spezialfähigkeiten und Ausrüstung haben und zuerwerben können. Das Spiel distanziert sich auch durch die Perspektive von Egoshootern, bei denen in der Regel aus der Sicht der Spielfigur gespielt wird – die Heroes lassen sich nur aus der Perspektive der dritten Person steuern. Die Steuerung wiederum ist sehr simpel gehalten und natürlich auf Maus und Tastatur ausgelegt.

Viel komplexer ist dagegen das für Kampfspiele eher ungewöhnliche Belohnungssystem, was eher an ein Rollenspiel erinnert. Neben freischaltbaren Spezialfähigkeiten und neuen Waffen kann man seine Figur in ‘Battlefield Heroes’ vor allem optisch aufpeppen. Zudem kann der Spieler auf gleiche Weise so genannte „Valor Points“ erwerben und mit diesen den oder die eigenen Helden seinen Wünschen entsprechend auszustatten. Die Alternative wäre, sich mit echtem Geld sogenannte Battlefunds, die Battlefieldwährung, zu kaufen. Damit kann der Spieler/die Spielerin unmittelbar Wunschgegenstände und personalisierte und unzählige Outfits für den Spielcharakter erwerben, so auch für Soldaten eher witzige Teile wie schottische Kilts auf Seite der „Royals“. Abgesehen von der fragwürdigen Verbindung von realem Geld und Entwicklung einer fiktiven Spielfigur besteht hier zudem das Risiko, dass jüngere Spieler sich in finanziellen Abhängigkeiten verstricken, die sie nicht in vollem Umfang verstehen und überblicken.

Man muss den Entwicklern lassen, dass sie für eine solche Materie Gewaltdarstellungen und Kriegsverherrlichung, die man hinter dem Titel vermuten könnte, auf ein Minimum zurückgeschraubt haben. Sie hatten sicher keine Geschichtsstunde im Sinn, da das ganze Setting überzogen wirkt und das ein oder andere der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Seien es die witzigen automatischen Grußzeichen, die die Charaktere von sich geben oder die Actioneinlagen und Explosionen – alles sieht sehr nach Comicslapstick aus. Die Umsetzung der Spielidee der Battliefield-Serie in diesem Stil kann eher als positive Verharmlosung bezeichnet werden.

Auf Blut, Verwundungsdarstellung, Leid, Brutalität oder übertriebene Heroisierung wurde absichtlich verzichtet. Wirtschaftlich ein genialer Zug, da EA hier mit Sicherheit auch andere Zielgruppen ansprechen möchte als das bisherige Battlefield-Klientel, das fast ausschließlich von männlich Vielspielern geprägt ist. Dabei hatten sich die Entwickler auch nicht vor Enttäuschung eben dieser gefürchtet: “Wir hatten das Gefühl, es sei wichtig, nun ein paar Eintrittsbarrieren zu beseitigen, so dass mehr Leute Zugang zu unserem Spiel haben, eine Webseite funktioniert in der Hinsicht gut. Das könnte für mehr Spieler das Tor zum Battlefield-Universum aufstoßen”, so die Hoffnung des Entwicklerteams Dice. Die Stilelemente zielen meiner Meinung nach auch auf weibliches Publikum, die einfache Steuerung und Browsertechnologie auf Gelegenheitsspieler. Die Weichspülung des eigentlich empfindlichen Themas ‘Zweiter Weltkrieg’ soll auch Jüngere anlocken, offensichtlich mit Erfolg: Über zwei Millionen Spieler sind laut der Spielerplattform www.gamespot.com schon bei Heroes registriert.

Auch wenn sie sich bei der Frage nach Bedenken bei jüngeren Spielern nicht eindeutig ausdrücken wollten, sehen Verantwortliche bei Dice anscheinend – auch durch der Alterskennzeichnung der PEGI – keinen Grund zur Sorge. Kleiner Wermutstropfen des vermeintlichen Browsergames: Obwohl Spiel und Updates gratis und automatisch über den Browser ablaufen, benötigt die Installation von Battlefield Heroes einigen Speicherplatz auf dem eigenen PC, nämlich bis zu einem Gigabyte.

Fazit: Alles in allem ein lohnenswertes Gratisspiel. Spaß, Individualität und Teamplay rücken vereint doch mehr in den Vordergrund, als der Titel es vermuten lässt.

Christian Kowitz

Bildquelle:
http://www.presse.electronic-arts.de/publish/page204232534136949.php3?etitel=Battlefield+Heroes%99