„Diese Bühne könnte dir gehören!“ – Seit einigen Jahren erfreuen sich Castingshows immer größerer Beliebtheit in Deutschland und sind zu einem festen Bestandteil des Fernsehprogramms geworden. Gesucht werden Topmodels, Sänger, Tänzer oder Ausnahmetalente. Vor allem Kinder und Jugendliche fiebern mit den Kandidaten mit. Zu gerne würden sie selbst im Rampenlicht stehen und den Wohnzimmerteppich gegen die große Bühne eintauschen.
Immer häufiger treten Kinder in Castingshows auf. „Deutschland sucht den Superstar Kids“ und „The Voice Kids“ sind TV-Formate in denen ausschließlich Kinder ihr Gesangstalent unter Beweis stellen. Auch bei „Das Supertalent“ auf RTL stehen Kinder im Alter von sechs, fünf oder sogar vier Jahren auf der Bühne. Sie können kaum ihren Namen richtig aussprechen, sollen sich aber vor einem Millionenpublikum gegen erwachsene Mitstreiter durchsetzen.
Natürlich wollen Eltern meist nur das Beste für ihren Nachwuchs. Sie freuen sich, wenn ihre Kinder gelobt werden und selbstbewusst auftreten. Medienexperten betrachten Castingshows jedoch kritisch. „Einzuschätzen, was es heißt, öffentlich zur Schau gestellt und vermarktet zu werden, überfordert Kinder“, erklärt Professor Dr. Bernd Schorb, Universitätsprofessor für Medienpädagogik und Weiterbildung der Universität Leipzig. Es sei für Kinder nicht leicht zu verkraften, öffentlich als Verlierer dargestellt zu werden. Auch Medienwissenschaftlerin Sabrina Unterstell betont, dass nicht die Förderung junger Talente, sondern der Erfolg der Show im Vordergrund stehe.
Auch rechtlich gesehen ist die Teilnahme von Kindern an Castingshows nicht ohne Weiteres möglich. Grundsätzlich ist das Mitwirken von Kindern in Rundfunk- und Fernsehaufnahmen laut Jugendarbeitsschutzgesetz verboten, denn dort zählt dies zu Kinderarbeit. Jedoch gibt es laut § 6 Abs. 2 Jugendarbeitsschutzgesetz die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Auch diese unterliegt wiederum gewissen Auflagen. So dürfen beispielsweise Kinder im Alter zwischen drei und sechs maximal zwei Stunden täglich und nur zwischen 8 und 17 Uhr beschäftigt sein.
Doch was tut man nun, wenn das Kind unbedingt bei einer Show teilnehmen möchte?
Die Medienexperten Bernd Schorb und Sabrina Unterstell raten ganz klar von einem generellen Castingshow-Verbot ab und legen Eltern ans Herz, sich die Sendung mit ihren Kindern zusammen anzusehen, darüber zu sprechen und diese gemeinsam mit ihren Kindern kritisch zu hinterfragen. Außerdem sollten Kinder die Möglichkeit haben, ihre Begabungen in einem angemessenen Rahmen zu zeigen, beispielsweise in Sportvereinen, Gesangs- oder Tanzgruppen. Wenn ein Kind dennoch unbedingt an einer Castingshow teilnehmen möchte, sollten Eltern sich vorab ausführlich über die Abläufe und den Veranstalter informieren und gemeinsam mit dem Kind die Vor- und Nachteile eines solchen Fernsehauftrittes abwägen.
Abschließend sollte man auch stets im Hinterkopf behalten, dass der Sinn einer TV-Show vor allem darin besteht, hohe Einschaltquoten zu erzielen.
Nadja Müller