Mobiltelefone bieten heutzutage weitaus mehr Funktionen, als SMS zu versenden und zu telefonieren. Modernste Technik macht es möglich, das Handy als Fotoapparat oder Radio zu nutzen. Möglichkeiten, die vor allem Kinder und Jugendliche wahrnehmen und es zu ihrem ständigen Begleiter machen. Schule, Freizeit, Abendplanung…es kommt schier überall zum Einsatz. medienbewusst.de begleitete zwei Kinder durch ihren Tag.
Es ist 6 Uhr 45, als der Wecker klingelt und ein junges Mädchen sich noch einmal die Decke über den Kopf zieht – Zeit für die Schule. Nach ein paar Minuten greift sie verschlafen zu ihrem Handy, das die Nacht über auf einem kleinen Schränkchen neben dem Bett lag. Die Nacht über war es ausgeschaltet, um nicht von nächtlichen SMS oder Anrufen geweckt zu werden. Doch nun ist es Zeit, wieder erreichbar zur sein und prompt piept es auch schon – Teresa, 16 Jahre alt, bekommt ihre erste SMS. Es ist ihr Freund, der ihr einen guten Morgen wünscht.
Während des Unterrichts befindet sich das Gerät lautlos in der Schultasche. Wie auch an den meisten anderen Schulen ist es in ihrem Unterricht nicht erwünscht: „Eigentlich müssen wir unser Handy zu Hause lassen, falls wir es aber mit haben, sollen wir es ausschalten oder leise machen. Daran hält sich aber fast niemand. Im Unterricht schreibt eigentlich fast jeder SMS und hört auch mal heimlich Musik, obwohl das nicht erlaubt ist“. Und so zieht auch sie im Unterricht unauffällig kurz das Mobiltelefon aus der Tasche, um zu sehen, wie viel Zeit noch bis zum ersehnten Pausengong ist.
Schüler im Norden Deutschlands dürften sich das mittlerweile nicht mehr trauen, denn dort wird härter durchgegriffen. Teilweise gilt striktes Verbot im Unterricht, sogar auf dem Pausenhof. Werden Kinder trotzdem beim Telefonieren erwischt, werden die Eltern benachrichtigt und das Telefon eingezogen. Am nächsten Tag darf es wieder abgeholt werden.
An bayerischen Schulen wurde im Jahr 2006 sogar noch härter gegen Mobiltelefone an Schulen vorgegangen. Im Allgäu wurden an einer Schule 200 Exemplare beschlagnahmt und auf illegale Inhalte untersucht. Doch auf solche Verbote und Razzien reagieren Kinder und Jugendliche oft mit einer Trotzreaktion. Matthias (Name wurde abgeändert, Anm. d. Red.), 18 Jahre alt: „Handyverbote ignoriere ich meist. In der Schule zum Beispiel habe ich mein Handy immer dabei. Und wenn ich zum Arzt gehe, dann stelle ich es einfach lautlos. Mit einer Beschlagnahmung wäre ich nicht einverstanden, auch wenn ich nichts zu verbergen habe. Aber es wäre ein Eingriff in meine Privatsphäre“.
Zurück zu Teresa – in der Pause wird schnell eine SMS versandt, ein Foto von der besten Freundin gemacht oder das Lieblingslied gehört. Die Zeit ist kurz und so verschwindet das Gerät nach der Pause für die restliche Zeit an der Schule wieder im Rucksack. Auch nach Schulschluss ist für das Kleinod längst nicht Feierabend: Da es bis zum Wochenende nicht mehr lang ist, nutzt sie ihre freie Zeit für ein Gespräch mit der besten Freundin, um sich für die freien Tage zu verabreden.
Während des Nachmittags klingelt immer wieder das Mobiltelefon der 16-jährigen. Mal kommt eine SMS an, mal ein Anruf. Am anderen Ende sind meist der Freund oder die Freundin, die anrufen oder schreiben, um nachzufragen, wie es mit der Abendplanung voran geht. Als alle wichtigen Telefonate beendet und alle Verabredungen getroffen sind, wird es Zeit, sich fertig zu machen.
Die Nutzungsgewohnheiten haben sich bei Matthias in letzter Zeit stark verändert. Er erzählt: „Mein erstes Handy habe ich fast ausschließlich dazu genutzt, SMS zu schreiben und ab und zu habe ich telefoniert. Später kam dann dazu, dass ich bewusst Klingeltöne ausgewählt habe und Handyspiele gespielt habe, auch die Nutzung des SMS-Service ist gestiegen. Heute telefoniere ich häufiger, mache oft Fotos mit der Handykamera und nutze die Notiz- und Kalenderfunktion“.
Oft haben Eltern für die vielen Funktionen der Multimedia-Geräte ihrer Kinder nur ein Kopfschütteln übrig, denn früher sind sie auch ohne Mobiltelefon ganz gut zurecht gekommen. Da hat es auch ein normales Radio noch getan, man trug den Fotoapparat mit sich und auch ohne Uhr- und Weckfunktion wusste man dank einer Armbanduhr, wie spät es war. Matthias Mutter sieht das nicht so kritisch: „Ich habe auch ein Handy und nutze dessen Funktionen. Zwar nicht im gleichen Maße wie mein Sohn. Aber ich weiß zum Beispiel, wie man eine SMS schreibt. Und wenn ich meine Uhr mal vergessen habe, ist die Handyanzeige auch ganz nützlich. Solange das Kind oder der Jugendliche nicht 24 Stunden am Tag damit verbringt zu telefonieren und Nachrichten zu schreiben, finde ich es vollkommen okay, wenn die Vorteile, welches die Funktionen mit sich bringen, genutzt werden“.
Aus dem Alltag weg zu denken ist das Handy für beide kaum noch, dazu hat man sich viel zu sehr an die Vorzüge dieses Mediums gewöhnt: „Ich glaube nicht, dass ich noch ohne auskommen würde, weil ich Musik höre, wenn ich Langweile hab, telefoniere, wenn mir etwas sehr wichtig ist und ich immer und überall erreichbar bin“, erklärt Teresa und auch Matthias ist skeptisch: „Wahrscheinlich ginge es schon irgendwie, allerdings wären dann Ausweichmöglichkeiten auf andere Kommunikationsmöglichkeiten, wie zum Beispiel das Internet, notwendig“.
Mittlerweile ist es 22:30 Uhr. Hinter der 16-Jährigen liegt ein langer Tag , an dem sie rund um die Uhr erreichbar war. Doch irgendwann braucht auch sie Zeit für sich. Sie schaltet ihr Mobiltelefon aus und legt es zurück an den Platz, von dem sie es heute Morgen im Halbschlaf genommen hatte. Ein paar Stunden wird das Handy nun still stehen, ehe es am nächsten Tag wieder zum vollen Einsatz kommt.
Claudia Klippstein
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Foto: Claudia Klippstein