Die Spielemesse gamescom in Köln hat im August erneut Besucherrekorde gebrochen – das sogenannte “Daddeln” erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Das ist auf die vielen technologischen Neuentwicklungen in der Spielebranche zurückzuführen, die von den Computerspielern begeistert gefeiert und von den Kritikern argwöhnisch verfolgt werden. Insbesondere Spiele mit verschiedenen Online-Features erfreuen sich großer Beliebtheit bei den Computerspielern. Doch genau bei diesen Spielen ergeben sich jugendschutzrechtliche Schwierigkeiten bezüglich der Alterskennzeichnung. Wer überprüft und wie wird überprüft, ob die Online-Features auch den jugendschutzrechtlichen Regelungen entsprechen?
Der Grundgedanke des deutschen Jugendschutzsystems
Das deutsche Jugendschutzsystem baut auf zwei Gesetzen auf: Zum einen auf dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Bundes, dass den Jugendschutz im Offlinebereich regelt. Es umfasst die sogenannten Trägermedien wie CDs, DVDs und Computerspiele. Zum Zweiten auf dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), der zwischen den Ländern geschlossen wird und die Onlinemedien (Internetangebote) betrifft.
Diese Jugendschutzbestimmungen sollen ineinandergreifen und verhindern, dass Kinder und Jugendliche mit Inhalten konfrontiert werden, die für die jeweiligen Altersgruppen nicht geeignet sind oder die Entwicklung beeinträchtigen könnten.
Alterskennzeichnung von Computerspielen
Im Bereich der Computerspiele hat es sich zur gängigen Praxis entwickelt, dass die Hersteller ihre Spiele vor der Markteinführung bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) vorlegen. Hier werden die Spiele geprüft und anschließend mit einer staatlichen Altersfreigabe versehen. Laut der USK-Statistik sind knapp 99% der im Handel erhältlichen Spiele mit einer solchen Alterskennzeichnung versehen. Auf den ersten Blick erscheint dies verwunderlich, da die Alterskennzeichnung – rein rechtlich gesehen – freiwillig ist. Es scheint für die Spielehersteller gute Gründe zu geben, ihre Spiele von der USK prüfen zu lassen.
Im JuSchG wird vorgeschrieben, dass Spiele ohne Alterskennzeichen Kindern und Jugendlichen gar nicht zugänglich gemacht werden dürfen. Das bedeutet, für nicht-gekennzeichnete Spiele darf weder geworben, noch dürfen sie an Minderjährige verkauft werden. Außerdem können nur die nicht-gekennzeichneten Spiele nach einer Veröffentlichung von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) auf den Index gesetzt werden. Dieses Verhältnis von Alterskennzeichnung der USK und der Index-Liste der BPjM wird als sogenannte Sperrwirkung bezeichnet. Die Konsequenzen einer fehlenden Alterskennzeichnung erhöhen folglich die Attraktivität einer Überprüfung und Kennzeichnung durch die USK.
Neue Trends verursachen Lücken im System
In den vergangenen Jahren zeigt sich allerdings der Trend, dass Spiele nach ihrer Markteinführung noch verändert werden und zwar durch verschiedene Online-Features. Dies können Patches und Add-Ons sein, die der Spielehersteller zum Download zur Verfügung stellt. Teilweise findet die Aktualisierung des Spiels auch automatisch statt, sobald eine Internetverbindung aufgebaut wird. Die zweite Möglichkeit sind sogenannte Mods, d.h. von Computerspielern generierte Levels oder Spielelemente.
Es stellt sich also die Frage, ob das Spiel auch dauerhaft der USK-Alterskennzeichnung entspricht oder ob infolge der nachträglichen Veränderungen des Spiels auch die Alterskennzeichnung korrigiert werden müsste. Es gibt zwar die eindeutigen Regelungen im JuSchG, die die Alterskennzeichnung der Spiele festlegen, aber für die Online-Features fehlen im zuständigen JMStV noch die entsprechenden Regelungen.
Der Gesetzgeber sucht einen medienübergreifenden Ausweg
Es gibt verschiedene Lösungsvorschläge, die in diesem Zusammenhang von Experten diskutiert werden. Eine vielversprechende Idee ist es, eine Online-USK zu etablieren, die sowohl die reinen Onlinespiele als auch die Computerspiele überprüft, die im Handel gekauft und anschließend durch Online-Features aktualisiert und erweitert werden. Es würde sich also ein Konzept der flexiblen Alterskennzeichnung ergeben. Die USK überprüft weiterhin die Spiele vor der Markteinführung und vergibt für die Basisversion des Spiels ein Basiskennzeichen. Anschließend würde dieses Kennzeichen durch die Online-USK regelmäßig aktualisiert werden.
Aber auch andere Lösungsvorschläge werden diskutiert: Die Zusammenführung des JuSchG und des JMStV zu einem medienübergreifenden Jugendschutzgesetz scheint beispielsweise geeignet, um der zunehmenden Medienkonvergenz gerecht zu werden. Weniger umfassend, aber nicht minder effektiv, wären auch neue Regelungen, die die Anbieter der Online-Features verstärkt in die Pflicht nehmen würden.
Es bleibt also abzuwarten, wie der deutsche Gesetzgeber reagiert, um den technologischen Trends der vergangenen Jahre nicht weiter hinterher zu hinken und das europaweit anerkannte Jugendschutzsystem zu festigen. Denn dringend notwendig wären entsprechende Regelungen allemal.
Katharina Große-Schwiep
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