Vor gar nicht allzu langer Zeit sah es in den Wohnzimmern relativ langweilig aus: Kinder saßen auf der Couch und das einzige was sich bewegte waren die Finger am Controller oder die Augenlieder im Takte der grellen Effekte auf dem Bildschirm. Mittlerweile stellt sich diese Szene etwas anders dar: Tanzen. Hüpfen. Hampeln. Springen. Zappeln. Der Spieler der Zukunft kommt mächtig aus der Puste. Der Versuch eines Überblicks.
2006 kam mit der Nintendo Wii die erste Konsole auf den Markt, die sich mittels innovativer Bewegungssteuerung bedienen lies. Sie entwickelte sich zum Kassenschlager und man konnte von nun an Kinder im Wohnzimmer nach nicht vorhandenen Tennisbällen schlagen sehen oder sie beim virtuellen Zwiebelschneiden beobachten. Dabei ist die Technik dahinter recht einfach: mittels eines entsprechenden Sensors am Fernseher werden die Bewegungen der kabellosen Controller aufgenommen und an die Wii weitergeleitet. Da somit einiges an komplexer Bedienung entfiel, konnten auch eher unübliche Zielgruppen wie Eltern oder Großeltern zum Spielen motiviert werden. Diese entspannten von nun an beim virtuellen Angeln oder suchten ihren sportlichen Ausgleich mit dem Wii-Balance-Board.
Mittlerweile ist die Nintendo Wii weltweit über 82 Millionen Mal verkauft worden. Durch den großen Erfolg der Konkurrenz motiviert, entwickelten Sony und Microsoft ebenfalls eigene bewegungsaktive Konsolen. Ganze vier Jahre nach dem Release der Nintendo Wii, war es 2010 soweit: Sony präsentierte das Move-System für die Playstation 3 und Microsoft stellte Kinect als Erweiterung für die Xbox 360 vor. Das Playstation Move-System ist das direkte Pendant zur Nintendo Wii. Hier wird ebenfalls ein Bewegungssensor plus Kamera verwendet, um die Bewegungen übertragen zu können. Allerdings ist die Technik deutlich fortgeschrittener, wodurch die Verzögerung bei der Bewegungsübertragung des Sony-Systems nur noch minimal ist.
Felix Petzel, Head of PR & Communications der Entertainment & Devices Division bei Microsoft Deutschland, beschreibt den Fortschritt seines Unternehmens im Bereich der Bewegungssteuerung als Wegfall “der Grenze zwischen Spieler und Konsole”. Die Xbox Kinect von Microsoft geht nämlich noch einen großen Schritt weiter als ihre „Schwesterkonsolen“ der gleichen Generation: hier wird der Spieler selbst zum Controller. Das Ganze funktioniert durch eine Kombination aus Tiefensensor-Kamera, 3D- Mikrofon und einer Farbkamera. Dadurch werden der menschliche Körper, sowie einzelne Gelenke und Körperteile erkannt. Somit kann jede Bewegung des Spielers präzise in eine Bewegung der Spielfigur umgesetzt werden. Der Haken an der Sache: man benötigt Platz. Spielt man allein sind es circa zwei m², der Abstand zur Kamera muss etwa ein bis zwei Meter betragen. Will man nun mit der ganzen Familie zusammen spielen, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen, ist wohl ein sehr großes Wohnzimmer notwendig.
Alle drei Konsolen verfügen insgesamt über eine breit gefächerte Auswahl an Spielen. Kinder können eigene Haustiere großziehen oder Spaß haben bei Minispielen. Ebenso gibt es für jede der Konsolen mittlerweile ein Fitnessprogramm, in dem die Balance und weitere sportliche Übungen trainiert werden können. So verwandelt sich das Wohnzimmer schnell in einen Fitnessraum. Sehr familienfreundlich ist das Family Center von Xbox-Live. Hier können Eltern bestimmen, wann und wie lange ihre Kinder die Konsole nutzen und haben somit das Spielverhalten ihrer Sprösslinge unter pädagogischer Kontrolle.
Welche Konsole sich jedoch für den persönlichen Bedarf anbietet, muss jeder selbst entscheiden. Alle Konsolen bieten auf längere Sicht Spielspaß für die gesamte Familie. Die Nintendo Wii verfügt zur Zeit wohl noch über die größte Spielevielfalt, ist jedoch hinsichtlich Grafik und Bewegungssteuerung etwas veraltet. Das Playstation Move-System kann durch die bestechende HD-Grafik und die fast perfekte Bewegungsübertragung punkten. Kinect wiederum trumpft mit innovativer controllerloser Bewegung und einer intuitiven Steuerung auf. Übrigens: auch Computerspieler, die immer noch mit Tastatur und Maus arbeiten, können hoffen. Angeblich will Microsoft mit dem Release von Windows 8 im Jahr 2012 das Kinect-System für den Computer umsetzen. Bleibt zu hoffen, dass die Umsetzung der Bewegungssteuerung auf Mobiltelefone ausbleibt, da es sonst in der Straßenbahn oder im Bus recht ungemütlich werden könnte.
Nachtrag: auf der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele E3 (Electronic Entertainment Expo) stellte Nintendo kürzlich sein neues Konsolensystem “Wii U” vor. Neben zahlreichen technischen Verbesserungen, steht dem Nutzer hier ein IPad-ähnlicher 6,2-Zollbildschirm in Form eines Controllers zur Verfügung, welcher, laut Nintendo, „ein dynamischeres und übergreifenderes Unterhaltungserlebnis“ bieten soll. Die neue Konsole ist für 2012 angekündigt.
Moritz Graf
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