Am letzten Mai-Wochenende endete mit dem Finale das neue RTL-Format DSDS Kids. Wurden unsere vor wenigen Wochen beschriebenen Befürchtungen bestätigt oder hat es RTL geschafft, Entertainment und Jugendschutz zu vereinigen? Kurzum: muss medienbewusst.de den Hut ziehen oder den Finger erheben? Wir haben die Castingshow in ihre Bestandteile zerlegt und hier folgt unser Résumé.
Ein neues Gesicht: Der Moderator |
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Mit Daniel Aßmann (28) brachte RTL ein neues Moderatoren-Gesicht für die Sendung. Ihm gelang es, sowohl Klein und Groß auf unterhaltsame und charmante Weise durch die Sendungen zu führen. Gegenüber den Kindern blieb er tadellos: So erinnerte sein Umgang mit ihnen an einen Mix aus dem kumpelhaften Charlie Sheen (ohne Eskapaden) und einer Mut machenden, liebevollen Mary Poppins (ohne Regenschirm). Auch von Nervosität war keine Spur, obwohl es für den Nachwuchsmoderator das erste Mal vor einem Millionenpublikum war. Nervig waren für den Zuschauer lediglich die vielen Liebespfeile, die der sonst so souveräne Moderator bei jeder sich bietenden Situation in Richtung Jury abfeuerte. Überzogen und unnötig! Wir gehen davon aus, dass das Ego eines Dieter Bohlens auch ohne dieses überflüssige Gerede groß genug ist. Dennoch: Das frische Gesicht hat der Sendung gut getan. Sofern Daniel Aßmann die Schwärmereien für den Poptitanen minimieren kann, wäre es eine Überlegung wert, ob er nicht auch den DSDS-Moderator Markus Schreyl ablösen könnte. |
Bekannte Gesichter: Die Jury |
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Egal welche Staffel, egal welche Zielgruppe, der Aufbau einer DSDS-Jury folgt immer dem Schema F. Die Sendung wäre natürlich unvorstellbar ohne Mr. DSDS höchstpersönlich – Dieter Bohlen. Ihm war der von RTL auferlegte Maulkorb nahezu anzusehen. Egal wie schief die Töne der Kandidaten auch waren, das Feedback des Poptitans fiel zu jedem Zeitpunkt fair aus, gut verpackt und vor allem altersgerecht. Bohlen war zudem der Einzige, der sich immerhin um eine Spur Objektivität bemühte. Jeder Anflug von Ärger oder Unbehagen wurde vom Chefjuror erfolgreich mit einem Kiefermahlen neutralisiert. Neben Jurypräsident Bohlen nahmen zwei weitere Juroren auf dem Podium Platz. Bei der gutaussehenden Dame handelte es sich um Michelle Hunziker, ehemalige DSDS-Moderatorin und Vollblutmutter durch und durch. Während die Schweizerin im ersten Semifinal durch ihre Outfitbewertungen und das Fachsimpeln über den Beziehungsstatus der Kinder eher negativ auffiel, versuchte sie sich in den anschließenden Sendungen auf die Musik zu konzentrieren. Außerdem bildete sie mit Dieter Bohlen ein harmonisches und unterhaltsames Gespann. Komplettiert wurde das Trio von Dana Schweiger. Selbst nach Ende von DSDS Kids müssen wir uns umfangreich bemühen, die Gründe zu erschließen, was ausgerechnet Frau Schweiger für ihr Juroren-Dasein qualifiziert. Die einzigen Gründe, die uns wenig zufrieden stellen: Ex-Frau von Schauspieler Til Schweiger und vierfache Mutter. Die somit zu erwartende Inkompetenz, strahlte die geborene US-Amerikanerin zu jedem Zeitpunkt der Staffel aus. Ihre ausschließlich positiven, aber nicht musikbezogenen Bewertungen glichen wiederholten sich unentwegt und waren durchweg überflüssig. Unter dem Strich wurde die Wahl mit Michelle Hunziker und Dieter Bohlen richtig getroffen. Besonders Dieter Bohlen muss hier hervorgehoben werden, da er die im Vorfeld geäußerten Befürchtungen (medienbewusst.de berichtete) bezüglich seines Umgangs mit den Kindern nicht bestätigen konnte und sich vorbildlich verhielt. Ach ja: Wer ist Dana Schweiger? |
Niedlich bis peinlich: Die Kids |
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Durch die Vorcastings schafften es letztlich 30 Kinder in die Freitags-Shows. Doch trotz der augenscheinlich harten Auswahlkriterien, sahen die Zuschauer neben viel Licht auch viel Schatten. Zwar überraschten vermeintliche “Wunderkinder” (Bohlen) und “kleine Beyoncés” (Bohlen) Jury und Zuschauer, jedoch wirkten die kindlichen Entertainer eher verunsichert und fehl am Platz. Sie spulten ihre einstudierten Performances zu unverstandenen Songs robotergleich ab und bettelten allesamt mit der peinlich wirkenden Telefongeste um Zuschaueranrufe. Dennoch war die Inszenierung der RTL-Wunderwelt offensichtlich: Wenn die Kameras zu spät wegschwenkten, sah der Zuschauer, wie die oberflächliche Fassade bröckelte. Die Kinder und Teenager weinten, gähnten vor Erschöpfung, nahmen ihre Eltern dankbar in die Arme und ließen der Enttäuschung über ihr Ausscheiden freien Lauf. Die Enttäuschung von Dieter Bohlen über den deutschen Jugendschutz können wir von medienbewusst.de nicht teilen. Denn es hat ein Auftrittsverbot gegeben, sodass die jüngeren Bewerber in den Abendshows nicht auftreten durften. Denn trotz der erwähnten Überflieger, hatten die anderen Kinder nur beschränkte Möglichkeiten, ihren Erwachsenen Vorbildern nachzueifern. Was zunächst niedlich und belustigend war, wirkte mit wachsender Dichte aber nervig bis peinlich. So liegt es nahe, das Mindestalter bei einer weiteren Kids-Staffel – entgegen der Meinung Dieter Bohlens – zu erhöhen. |
Von Stars und zerplatzten Träumen: Das Finale |
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Die zehn besten Kids der Semifinals durften sich in der Entscheidungsshow erneut beweisen. Diesmal jedoch nicht alleine. Ihnen standen die Finalisten der neunten, originalen DSDS-Staffel zur Seite. Luca Hänni & Co. dienten, trotz gerade mal vier Jahren Altersunterschied, als Glückbringer und Gesangs-Coachs und begleiteten ihre Schützlinge auf die Bühne. Klar erkennbar war, dass nun die Besten der Besten auf der Bühne um das Ausbildungsstipendium und das Preisgeld kämpften. Das Niveau war höher, wenn auch noch immer überschaubar, die Spannung wieder intensiver. In aufwendigen, mit Konfettiregen und Lichteffekten gespickten Performances taten sich vor allem Yves (12), Shania (9), Gianni (7) und “Wunderkind” Marco (9) hervor. So überraschte es auch nicht, dass jenes Wunderkind am Ende verdienter Sieger von DSDS Kids wurde. Abgesehen von den vollkommen aufgesetzt wirkenden Vorstellungsvideos der Kids bot das Finale eine sehenswerte und amüsante Show für die Zuschauer. Allerdings war auch der Versuch von RTL, die Finalisten in stereotyp-behaftete Rollen zu zwängen (Gangster, Pummel, Prinzessin, Exot), eher peinlich. Was bei den herkömmlichen DSDS-Staffeln funktioniert, wirkte hier allzu gezwungen. |
medienbewusst.de-Fazit |
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Chapeau RTL, Chapeau! Trotz so mancher Inszenierung und dem niedrig angesetzten Alters, war keine Gefahr für das Wohl der Kinder und deren spätere Entwicklung zu erkennen. Leider legen die Quoten jedoch den Schluss nahe, dass Kinderschutz nicht mit hohen Zuschauerzahlen zu vereinbaren ist. Denn trotz aller Hoffnungen und Bemühungen sowie einem großen Bewerberansturm, war die Kinderversion von DSDS ein totaler und somit wahrscheinlich einmaliger Reinfall. Während die erste, noch sehr holprige Show von immerhin 3,6 Millionen Zuschauern verfolgt wurde, endete das Finale mit einem Negativrekord von 2,27 Millionen Zuschauern. Schade, war die Entscheidungsshow doch sehr unterhaltsam und die beste Show von allen. Man muss der traurigen Wahrheit ins Auge sehen: Der Erfolg von DSDS, so enttäuschend die Quoten der neunten Staffel auch waren, beruht eindeutig nicht auf musikalischer Qualität. Das Konzept lebt vom Unvermögen der meisten Teilnehmer und der bissigen sowie polemischen Art von Dieter Bohlen. Schade Deutschland, schade RTL. Denn so wird RTL seine qualitativ schlechte “Talentschmiede” fortführen und weiter die leeren Fischgründe abfischen. |
Leon Strohmaier
Bildquelle:
© RTL